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Orchesterfahrt 2017

Eine Fahrt in den Orient

 

Mittwoch, 8.2.17; 09:42. Ein weißer Kastenwagen rollt auf den Besucherparkplatz der Karl-May-Jugendherberge in Bad Segeberg. Für jeden anderen wäre dies der Beginn eines ganz normalen Tages gewesen. Dass dem nicht so ist, wird aber ziemlich schnell klar. Die insgesamt acht Mitfahrer holen nach und nach mehrere Koffer, zwei Celli, einige Geigen, Blasinstrumente und Notenständer aus dem Kofferraum, der mittlerweile den Eindruck der Mary-Poppins-Tasche schlechthin macht. Und das ist nur der Anfang. Als um 10:01 das letzte Mama-Taxi den Parkplatz wieder verlässt, stehen 53 Mitglieder des Orchesters der Ernestinenschule zu Lübeck samt Gepäck und Instrumenten in der Eingangshalle der Jugendherberge und warten sehnlichst darauf, ihre Betten zu beziehen. Musik, mit Bluetooth-Lautsprechern verstärkt, dringt durch die Flure, und die mitgebrachten Süßigkeiten werden vorübergehend im Kleiderschrank aufbewahrt (seien wir ehrlich: Kofferauspacken wird sowieso überbewertet…). Einige freiwillige Helfer räumen mit Frau Schiemenz den Tagesraum so um, dass tatsächlich das ganze Orchester darin Platz findet. Dass später der ein oder andere Bogen beim Spielen auch mal gegen die Wand stößt, ist dann auch nicht weiter schlimm.
Und dann kann es endlich losgehen mit der ersten Probe unserer Orchesterfahrt 2017. Auf dem Probenplan vor dem Mittagsessen steht die „Sinfonie für junge Streicher“ von Meinolf Stemmer. Da Bettenbeziehen und kaltgewordene Instrumente stimmen doch recht anstrengend ist, gehen die meisten mit großem Hunger gegen 12 Uhr zum Mittagessen, wo sie zu ihrer Freude (trockenen) Reis und leckere Gemüsesoße mit Hühnchen entdecken. Die Mittagspause wird so wie die Jahre zuvor vielseitig genutzt. Die einen pilgern zu Rossmann in die kleine Innenstadt Bad Segebergs, die anderen gehen den Spuren Winnetous nach und steigen auf den nahegelegenen Kalkberg.
Nach der Mittagspause finden einige Satzproben statt, und als es dann vor dem Abendessen wieder Tutti-Probe (d.h. Probe für alle) heißt, können schon kleine Fortschritte festgestellt werden. Zur Abwechslung wird auch das Stück „Auf einem Persischen Markt“ von Albert W. Ketèlby geprobt. Besonders das Thema der Gaukler hat es in sich. Nach dem Abendessen gibt es eine letzte Tutti-Probe bevor der erste Probentag erfolgreich zu Ende geht.

Donnerstag, 9.2.17. Nach einem ausgiebigen Frühstück heißt es für die mehr oder weniger ausgeschlafenen Celli, Bässe und Bratschen um halb neun Satzprobe. Die nächsten Stunden werden in allen Stimmgruppen für Proben genutzt und nach einer Tutti-Probe, in der wieder der Orient bespielt wird und die Celli beglückt feststellen, dass sie gemeinsam mit dem Horn das Thema der lieblichen Prinzessin spielen dürfen, findet die erste Probe des Kammerorchesters noch vor dem Mittagessen statt. Geprobt Henry Purcell (bei uns heißt er auch „Harry Potter“) die Suite „The Gordian Knot Untied“. Zum Mittag gibt es den Klassiker, Nudeln mit Tomatensoße, und die Mittagspause wird in dem einen oder anderen Zimmer sogar für Hausaufgaben genutzt.
Gut ausgeruht geht es dann mit vielen Satzproben sowie Tutti-Proben bis zum Abendessen weiter. Zur Freude der Älteren im Orchester wird noch ein neues Stück ausgeteilt. „The Second Waltz“ von Dimitri Shostakovich wurde vor einiger Zeit schon mal im Orchester gespielt und damals zum allgemeinen Lieblingsstück erklärt. Diese Wiederaufnahme sollte für den Rest der Fahrt für einen anhaltenden Ohrwurm sorgen. Anschließend ist es wieder Zeit für das Kammerorchester, den Gordischen Knoten zu entwirren. Nach dem Abendessen gibt es auch an diesem Tag eine Probe, in der hauptsächlich der „Persische Markt“ gespielt wird. Die Schlangenbeschwörer stellen sich als eine schwierige Passage für die Bläser heraus, für die einen ist es eine persische Dissonanz, für die anderen die orientalische Senftonleiter. Im Allgemeinen aber gilt bei dem einen oder anderen schiefen Ton: „Das ist persisch; das muss so“. (Anm: „persisch“ ist keinesfalls abwertend gemeint, nur für uns eben noch reichlich ungewohnt.) Der letzte Abend klingt mit Germany´s Next Topmodel (oder heißt es doch „Topmoppel“? Das spricht sich jedenfalls besser… Frau Schiemenz leidet an diesem Abend still, toleriert aber unseren Wunsch (fast) ohne spitze Bemerkungen.) im Tagesraum aus, auch das bei uns schon eine Tradition. Und wenn man genau hinhört kann man einige Werwölfe in den Zimmern hören und mit ganz viel Aufmerksamkeit vielleicht sogar den ko(s)mischen Bad Segeberger, der versucht die Jugendherbergsgäste mit Lasern zu blenden, sich aber bei genauerer Nachfrage (Danke, Frau Schiemenz!) als harmlos herausstellt.

 

Freitag, 10.2.17. Das Aufwachen fällt schon etwas schwerer als am Vortag, aber trotzdem schaffen es zwei einsame Orchestermitglieder, noch vor dem Frühstück den Sonnenaufgang auf dem Kalkberg zu beobachten. Betten werden abgezogen, Zimmer gefegt und Schlüssel abgegeben. Und dann fängt auch schon die letzte Probe an. Das Orchester gibt nochmal alles bei der „Sinfonie“, kann sich in den wunderschönen Klängen der persischen Prinzessin ausruhen und tanzt hochmotiviert den zweiten Walzer. Das obligatorische Gruppenfoto vor der Jugendherberge sowie weitere Stimmgruppenbilder werden trotz des „aber heute sehe ich so müde aus“ gemacht. Auch das Kammerorchester darf noch mal zeigen wie man den Gordischen Knoten entknotet und „The Game of Thrones“ gewinnt. Die Fortschritte sind eindeutig zu erkennen, auch wenn die Celli etwas zu übermütig in die Achtel steigen und die „Sinfonie“ wie eine Treckerfahrt anhören lassen. Die zweiten Geigen sind endlich in der Überzahl und zeigen was in ihnen steckt. Vier Hände am Klavier und neun erste Geigen sowie 4 Flöten, verschiedenste andere Bläser, acht Celli und zwei Bässe machen den Klang perfekt. So geht eine erfolgreiche Probenfahrt nach dem Schnitzel zum Mittag zu Ende, und um 13:17 rollt der weiße Kastenwagen voll bepackt vom Besucherparkplatz der Karl-May-Jugendherberge in Bad Segeberg in Richtung Autobahn.

 

(Sonja, Q2)

 

 

P.S. Spielst du ein Instrument? Möchtest du einmal ein großes Stück mit vielen Anderen spielen? Hast du vielleicht auch Lust bekommen, einmal eine solche Fahrt mitzumachen? Dann komm doch ins Orchester! Wir freuen uns immer über neue Mitglieder!

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